Vom 22. August bis zum 30. Oktober 2025 ist im Begegnungshaus KA.RE. in Marburg die Wanderausstellung „Die nationalsozialistischen ‚Euthanasie‘-Morde“ zu sehen. Um was geht es in der Ausstellung? Welche Inhalte mit Bezug zu Marburg dürfen Besucher*innen erwarten? Und welche Möglichkeiten gib es, die Ausstellung zu erkunden?
In unseren FAQ vermitteln wir die wichtigsten Informationen zu der Ausstellung:
Was zeigt die Ausstellung?
Die Wanderausstellung „Die nationalsozialistischen ‚Euthanasie‘-Morde“ dokumentiert die Vorgeschichte, Voraussetzungen und Durchführung der Patient*innenmorde im Nationalsozialismus. Damals wurden Menschen mit psychischen, geistigen und körperlichen Behinderungen systematisch verfolgt und ermordet. Die Ausstellung ist eine Leihgabe des Gedenk- und Informationsortes Tiergartenstraße 4 in Berlin.
Wie ist die Ausstellung aufgebaut?
Die Ausstellung beinhaltet zehn Kapitel: von der besonderen Bedeutung der Organisationszentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4 bis zu den Erläuterungen weiterer Mordaktionen gegen psychisch kranke sowie geistig und körperlich behinderter Männer, Frauen und Kinder in Deutschland und Europa ab 1939. Sie zeigt die Verbindungslinien der „Euthanasie“-Aktion zur Ermordung der europäischen Jüd*innen auf und beleuchtet das Verdrängen und Verschweigen der Morde nach 1945.
Zehn lebensgeschichtliche Skizzen von Opfern der Patient*innenmorde verbinden die Themenkapitel. Diese verdeutlichen die individuelle Dimension der Verbrechen. Ergänzend wird die Entwicklung des Gedenkens an die „Euthanasie“-Morde in Europa dargestellt.
Themenkapitel:
1. Der Weg in die „Euthanasie“-Morde
2. Krieg nach außen - Krieg nach innen: Patientenmorde 1939-1945
3. Die Familien der Opfer und die Reaktionen in der Gesellschaft
4. „Aussortierung“ in der Heilanstalt
5. Tiergartenstraße 4 - Verwaltungszentrale des Massenmordes
6. Massenmord in den Gaskammern
7. Täter - Mitwisser - Profiteure
8. „Euthanasie“ - Vernichtungskrieg - Holocaust
9. Umgang mit den „Euthanasie“-Verbrechen nach 1945
10. Gedenken in Europa
Lebensgeschichtliche Skizzen:
1. Wilhelm Werner
2. Ilsze Lekschas
3. Irmgard Denker
4. Wilhelmine Haußner
5. Anna Lehnkering
6. Karl Ahrendt
7. Mary Pünjer
8. Grigorij Schamrizkij
9. Fjodor W. Korso
10. Martin Bader
Wann und wo findet die Ausstellung statt?
Die Ausstellung ist zu sehen von Freitag, 22. August, bis Donnerstag, 30. Oktober 2025, im großen Saal des Begegnungshauses KA.RE., Biegenstraße 18, in Marburg (1. OG, Fahrstuhl vorhanden). Der Eintritt ist frei. Zur feierlichen Eröffnung am Freitag, 22. August, um 19 Uhr wird unter anderem Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies sprechen und Sängerin Latoya Reitzner auftreten.
Auf wessen Initiative geht die Ausstellung zurück?
Die Wanderausstellung der Deutschen Forschungsgemeinschaft wird durch die Berliner Stiftung Topographie des Terrors betreut. In Marburg wird die Ausstellung auf Initiative der Arbeitsgruppe „Menschenbild Behinderter Gestern und Heute“ innerhalb des Marburger Netzwerks für Demokratie und gegen Rechtsextremismus und der Stadt Marburg in Kooperation mit dem katholischen Begegnungshaus KA.RE. gezeigt.
Gibt es in der Ausstellung einen Bezug zu Marburg?
Ja. Opfer der Euthanasie waren in Marburg geboren oder hier in Heil- und Pflegeanstalten untergebracht. Wir wissen von mindestens 333 Betroffenen. An sie wird mit der Installation „Steine gegen das Vergessen“ erinnert. Für jedes Opfer wird der Namenszug mit Geburtsdatum und dem Tag der Ermordung in der Tötungsanstalt Hadamar auf einem Backstein angebracht. Zudem wird an die Opfer der NS-Zwangssterilisation erinnert. Das hier ansässige sogenannte „Erbgesundheitsgericht“ hat viele Hundert Menschen aus dem Langgerichtssprengel in Marburger Kliniken zwangssterilisieren lassen.
Wie sieht das Begleitprogramm aus?
Während des Ausstellungszeitraums vom 22. August bis 30. Oktober 2025 sind Vorträge, Diskussions- und weitere Veranstaltungen geplant. Aktuell arbeiten die AG „Menschenbild Behinderter Gestern und Heute“, die Stadt Marburg und das KA.RE. an einem Programm. Genauere Informationen dazu lesen Sie hier, sobald Termine und Inhalte feststehen.
Wie wird auf Barrierefreiheit geachtet?
Die Wanderausstellung bietet eine mobile und barrierearme Präsentation der Inhalte. So sind die Texte der Roll-Ups auf Deutsch und in Leichter Sprache verfasst, überdies gibt es zwei Medienstationen mit Zusammenfassungen der Ausstellungstexte in deutscher Gebärdensprache und als Audios für Menschen mit Sehbeeinträchtigung. Außerdem gibt es in der Ausstellung Braille-Beschriftungen, Hörgerätetransponder und Kopfhörer. Weitere Bedarfe aufgrund von Behinderungen können angemeldet werden.
Inhaltliche Zusammenfassungen der Ausstellungstexte in deutscher
Gebärdensprache und als Audios für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen an den Medienstationen:
1. Der Weg in die „Euthanasie“-Morde
2. Bürokratie des Todes
3. Täter – Mitwisser – Profiteure
4. Opfer
5. Entwicklung nach 1945
6. Geschichte des Ortes
Zusätzliche Inhalte und Erläuterungen (nicht barrierefrei):
7. Geschichte des Ortes – Bilder und Dokumente
8. Der „T4“-Meldebogen
9. Die Orte der „Euthanasie“-Morde
Auch bei der Auswahl des Ausstellungssaals wurde auf Barrierefreiheit geachtet. Der Zugang zur Ausstellung im KA.RE. wird so gestaltet, dass er etwa auch für Rollstuhlfahrer*innen erreichbar ist.
Werden Führungen durch die Ausstellung angeboten?
Ja. Um gerade junge Menschen anzusprechen, wurde ein Konzept für einen Peer-Rundgang entwickelt: Gruppen erschließen sich die Ausstellung selbst und stellen sich ihre Eindrücke im Anschluss gegenseitig vor. Die Peer-Rundgänge werden von Peer Guides begleitet. Ein Peer Guide ist eine Person, die innerhalb einer Gruppe eine unterstützende Rolle übernimmt und einen Lernprozess erleichtert. Die Guides werden vorab geschult und bei der Begleitung von Gruppen eingesetzt. Hierfür werden noch junge Menschen im Alter von 16 bis 25 Jahren gesucht. Wer Interesse hat, oder einen Ausstellungsrundgang buchen möchte, kann sich melden unter: marburgmachtdemokratie@marburg-stadt.de .
Wie kann ich die Ausstellung unterstützen?
Wer einen Beitrag zur Unterstützung der Ausstellung leisten möchte, kann dies auf ganz vielfältige Weise tun.
Organisationen, Unternehmen, Vereine o.Ä. können sich als Projektpartner an der Ausstellung beteiligen. Sie können …
· den Besuch der Wanderausstellung bei Ihren Kund*innen, Mitarbeiter*innen oder Mitgliedern bewerben.
· einen Ausstellungsbesuch von interessierten Mitarbeiter*innen oder Mitgliedern organisieren, der durch eine sachkundige Führung begleitet wird.
· sich bei der Erstellung von Materialien für die Öffentlichkeitsarbeit (Flyer, etc.) beteiligen.
· Veranstaltungen im Rahmenprogramm der Ausstellung finanziell unterstützen.
Auch Schulen können sich bei der Ausstellung einbringen. Sie können …
· unter ihren Schüler*innen für eine Einbindung in die Ausstellung als Peer Guide werben.
· unter ihren Schüler*innen für eine weitere Form der aktiven Mitarbeit werben: So können sich Schüler*innen etwa bei der Beaufsichtigung der Ausstellung einbringen.
· die Ausstellung durch einen Besuch von Schulklassen in den Unterricht integrieren, etwa im Rahmen von Projekttagen/ Projektwochen.
· die Wanderausstellung im Kollegium bewerben.
An wen kann ich mich bei Fragen wenden?
Ansprechperson für Fragen rund um die Ausstellung ist Marcello Di Cicco, Stabsstelle Bürger*innenbeteiligung der Stadt Marburg, Telefon 06421/ 201-7210, E-Mail marcello.dicicco@marburg-stadt.de .
Weiterführende Links
Behindertenbewegung: www.archiv-behindertenbewegung.org
Topographie des Terrors: https://www.topographie.de/